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Im Brennpunkt: Nordderby der RoRo-Terminals

Der Autoumschlag in Bremerhaven ist nicht nur einer der größten Wirtschaftsfaktoren für die Entwicklung des Landes Bremen und der Seestadt – er ist auch ein imposanter Anblick. Nicht wenige Bremerhavener machen mit ihren Gästen mindestens einmal eine Fahrt durch den Hafen – staunende Blicke auf die vielen bulligen Autotransportschiffe, auf endlos lange Züge und riesige Parkhäuser. Bis zu 8000 Fahrzeuge passen auf die größten der Transportschiffe, rund 1000 CarCarrier fahren die Seestadt jedes Jahr an.

In letzter Zeit wirkt der Blick in den Hafen bisweilen jedoch nicht so imposant wie gewohnt, auch wenn beim Blick aus unseren Redaktionsfenstern immer noch an fast jedem Tag mindestens ein Autotransporter zu sehen ist. Der Schein trügt nicht, tatsächlich ist der Autoumschlag in Bremerhaven zurückgegangen, wie Terminalbetreiber BLG Logistics Group einräumt. „Der Fahrzeugumschlag am BLG AutoTerminal Bremerhaven lag im Geschäftsjahr 2024 bei rund 1,3 Millionen Fahrzeugen, was einem Rückgang von rund 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht“, erklärt BLG-Sprecherin Britt van Delden auf unsere Nachfrage. Als Gründe dafür nennt sie „konjunkturelle Herausforderungen, Veränderungen in der internationalen Automobilindustrie sowie geopolitische Unsicherheiten“. Tatsächlich sind viele Autohersteller im Zuge des Umstiegs ihrer Produktion auf Elektroautos in schweres Fahrwasser geraten. Und wenn die Hersteller husten, bekommt der Hafen Fieber, so eine alte Redensart. Der Ukraine-Krieg, die Spannungen zwischen China und Taiwan und schließlich zuletzt das von den USA losgetretene Zoll-Chaos erschweren die Lage zusätzlich.

Da dürften die Pläne des Logistikunternehmens Mosolf in Wilhelmshaven nicht gerade für Jubelstürme in Bremen und Bremerhaven sorgen. Denn Mosolf will seine Tätigkeiten im Autoumschlag in der Jadestadt deutlich ausbauen. 2020 mit dem Export von Gebrauchtwagen nach Afrika gestartet, plant das Unternehmen mit Hauptsitz im schwäbischen Kirchheim ein neues RoRo-Terminal (Roll on/Roll off) in Wilhelmshaven, um vor allem Elektroautos aus China zu importieren. Stellflächen für die Fahrzeuge hat sich Mosolf bereits in unmittelbarer Nähe des Hafens gesichert.

Entsteht hier eine direkte Konkurrenz zu Bremerhaven? Und das in einem Markt, der offensichtlich sowieso gerade schwächelt? Das wäre umso heikler, da das Land Bremen sich damit selbst ins Knie schießen würde. Denn der JadeWeserPort ist ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Bremen und Niedersachsen. Bremen war zur Hälfte an der Finanzierung des Hafens beteiligt und kommt anteilig für den Unterhalt auf. Für Baggerarbeiten, um den Hafen befahrbar zu halten, wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des Bremischen Staatsrats Häfen, Kai Stührenberg, rund acht Millionen Euro fällig.

Die Opposition in der Bürgerschaft fordert deshalb den Senat auf, sich gegen das geplante Projekt zu wehren. Schließlich hätten beide Länder auch gleiches Mitspracherecht bei der Nutzung des Hafens. Das Problem: Die Flächen, die Mosolf nutzen will, liegen außerhalb des Hafengebiets. Hierfür muss Bremen also keine Zustimmung geben. Bremen und Niedersachsen stünden aber laut Stührenberg “ in engem Austausch über die Planungen“. Konkurrenzsituationen wolle man ausdrücklich vermeiden.

Darüber macht sich auch die BLG derzeit keine Sorgen, die in Wilhelmshaven durch ihre Beteiligung an Eurogate im Containerumschlag erfolgreich arbeitet. „Unsere leistungsfähigen RoRo-Terminals in Bremerhaven, Cuxhaven und Hamburg sind etabliert, vernetzt und auf hohem Niveau ausgelastet“, so Britt van Delden. „Einen Bedarf für ein zusätzliches RoRo-Terminal in Wilhelmshaven sehen wir daher derzeit nicht.“ Den angedachten Ausbau dort nehme man zur Kenntnis, doch: „Direkte Konkurrenz zum Standort Bremerhaven ergibt sich nach aktuellem Stand nicht.“ Das dürfte vor allem an unterschiedlichen Schwerpunkten liegen. Während Wilhelmshaven für den Import chinesischer Fahrzeuge ausgebaut werden soll, gehen über Bremerhaven vor allem deutsche und europäische Modelle den Weg in die Welt.

Hafenexperten sehen im Standort Wilhelmshaven aber durchaus Potenzial für eine starke Entwicklung, gerade weil deutsche Autobauer bei E-Autos hinterherhinken. China sei auf diesem Gebiet weiter und könne heimischen Modellen vor allem beim Preis gefährlich werden. In Bremerhaven konnte die BLG unterdessen trotz sinkender Fahrzeugzahlen im Umschlag das wirtschaftliche Ergebnis halten. Das lag zum einen an höheren Transporterlösen, zum anderen an einer gestiegenen Nachfrage der Hersteller nach Zusatzdiensten wie etwa der Aufbereitung der verschifften Fahrzeuge vor Ort. Man darf insgesamt also gespannt bleiben, wie es in beiden Häfen weitergeht.