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Dann macht es Bumm! Business-Talk mit Richard Eickel von Comet Feuerwerk

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Wenn ganz Deutschland an Silvester mit lautem Knallen die bösen Geister des alten Jahres verjagt, hat Comet Feuerwerk einen bedeutsamen Anteil daran. Seit 70 Jahren vermarktet das Bremerhavener Unternehmen Pyrotechnik für Jedermann. Wir sprachen mit Geschäftsführer Richard Eickel über Traditionen, Innovationen und Problematiken des uralten Brauchs.

Herr Eickel, wenn es gut läuft, fliegt alles was jetzt noch in Ihren Lagern liegt, in ein paar Wochen in die Luft. Seit wann arbeiten Sie auf diesen Termin hin?

Im Prinzip das ganze Jahr über, aber die heiße Phase kommt etwa ab Mitte September. Dann beginnt die Kommissionierung der Ware entsprechend der Bestellungen unserer Kunden, also der Einzelhändler. Vollständige Bestellungen werden schließlich ausgeliefert, je nachdem, wann die einzelnen Chargen von den jeweiligen Herstellern in Asien bei uns ankommen. Mit rund 30.000 Auslieferungsstellen, die wir zu bedienen haben, sind wir eigentlich auch ein Logistikunternehmen. Und wir haben immer nur einen Versuch im Jahr, um alles richtig zu machen.

Was ist für das Feuerwerksgeschäft die größte Herausforderung?

Die vier Jahreszeiten. Das Wetter ist auf vielen Ebenen ein entscheidender Faktor. Wenn der Sommer zu heiß ist, haben unsere Hersteller in China Produktionsverbot, wegen der Sicherheit, klar. Wenn es im Winter zu glatt auf den Straßen wird, verzögern sich die Transporte zu den Händlern. Und wenn sich für Silvester Regen ankündigt, kaufen zu wenig Leute Feuerwerk.

Eine liebgewonnene Tradition, nicht nur der Bremerhavener Feuerwerksfans, ist ja der Comet-Werksverkauf kurz vor Silvester. Wie erleben Sie diesen Großkampftag des Jahres?

Ja, da geht es hier immer hoch her. Das macht den Leuten auch Spaß. Für die Mitarbeiter ist es ganz schön, weil sie da mal ein bisschen Feedback für ihre Arbeit kriegen. Generell ist der Werksverkauf ein gutes Instrument für uns, um beispielsweise Produkte an den Mann zu bringen, die der Handel ausgelistet hat und um Restposten zu vermarkten. Aber es macht uns nicht reich. Bei allem Andrang, der dann hier herrscht, macht der Werksverkauf gerade mal ein Prozent unseres Umsatzes aus.

Seit gut zehn Jahren ist das Silvesterfeuerwerk zunehmend in die Diskussion gekommen. Umweltschützer und Haustierbesitzer fordern gar ein Verbot von Privatfeuerwerk. Fühlen Sie sich da als Hersteller auch zunehmend angefeindet?

Angefeindet, das kann man so zum Glück nicht sagen. Die Diskussion ist natürlich da und der stellen wir uns auch, etwa beim Tierschutz. Klar macht das Feuerwerk Krach, das kann man auch nicht wegreden. Und Hunde – ich habe selbst einen Hund – verschreckt das Knallen natürlich, so wie sie sich bei Gewitter auch unter dem Tisch verstecken. Es ist wichtig, die Tiere darauf vorzubereiten. Comet unterstützt beispielsweise Hundeschulen, die daran arbeiten, die Tiere knallfest zu machen. Feinstaub können wir auch nicht wegdiskutieren. Allerdings ist die Belastung, auch bestätigt durch das Umweltbundesamt, rund zwei Drittel geringer als bisher behauptet. An der Gesamtemission in Deutschland machen Feuerwerke nur etwa 0,7 Prozent aus. Beim CO2 sind es sogar nur 0,00013 Prozent.

Ärzte und Rettungsdienste würden Silvester vermutlich auch nicht schmerzlich vermissen …

Die vielen Verletzungen in der Silvesternacht resultieren aber fast ausschließlich aus unsachgemäßem Gebrauch, oft unter Alkoholeinfluss, sowie aus schwarz gehandelten Feuerwerkskörpern, die für den Privatgebrauch in Deutschland oder der EU gar nicht zugelassen sind. Man sieht ja in den Medien oft diese Kugeln, so groß wie ein Kindskopf: Das sind Großfeuerwerkskörper, die eigentlich aus fest im Boden verankerten Rohren verschossen werden! Die haben ein Mehrfaches der Sprengkraft von Privatfeuerwerk und eine Zündvorrichtung, die gar nicht für „anzünden und weglaufen“ konzipiert ist. Nun gibt es Trottel, die solche Teile auf den Boden legen, anzünden und sich wundern, dass sie nicht schnell genug wegkommen.Verstehen sie mich nicht falsch: Mir tut jeder Mensch leid, der sich dadurch verletzt. Aber wenn aufgrund dieser Fälle legales Feuerwerk verboten wird, wird der illegale Handel nur noch zunehmen.

Abgesehen davon gibt es ja auch lokale Verbote oder Beschränkungen beim Feuerwerk, die wir voll unterstützen: etwa an besonderen Brennpunkten oder in geschützten Bereichen, zum Beispiel ein Verbot in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern oder hier in Bremerhaven auch dem Zoo am Meer. Das Hauptproblem sind dabei natürlich effektive Kontrollen solcher Beschränkungen. 

Was raten sie, um Silvester sicher und verletzungsfrei zu machen?

Am allerwichtigsten: Kauft nur in Deutschland zugelassenes Feuerwerk, ob von uns oder unseren Wettbewerbern. Damit seid ihr sicher. Sonst hätte ich auch mein Büro nicht direkt über unserem Lager. Lest euch die Gebrauchsanleitung tagsüber durch. Nachts ist draußen oft nicht mehr so viel zu erkennen. Und lasst den Alkohol bis zum Böllern aus dem Kopf. Man kann auch um halb eins noch was trinken.

Tierbesitzern würde ich empfehlen: lassen sie an Silvester die Rolladen zu Hause herunter und machen sie Musik aus dem Radio an, um das Tier abzulenken, und bleiben sie bei ihm.


Wie kann man Feuerwerke leiser, sicherer und umweltfreundlicher machen? Und wie weit kann Comet Alternativen zum „klassischen“ Feuerwerk entwickeln?

Wir haben inzwischen unter anderem eine Reihe leiser Feuerwerke namens „Silence Line“ entwickelt. Dort arbeiten wir mit kleineren Kalibern und ohne laute Knallzerleger mit Fokus auf brillianten Farbspielen und Effekten. Auch unsere Micro-Feuerwerke haben leisere Effekte und machen dank geringerer Verpackung weniger Müll. Das sind kleine Feuerwerke mit geringerer Effekthöhe, die auch für kleine Feiern im privaten Rahmen wie zum Beispiel Hochzeiten geeignet sind. Unter Umweltaspekten haben wir außerdem überall, wo es möglich ist, Plastik durch Pappe und Papier ersetzt. Insgesamt haben wir in unserem Sortiment Plastikanteile um 97 Prozent reduziert.

Feuerwerk geht auch ohne lauten Knall: Comet hat eine „Silence Line“ mit leisen, aber farbenfrohen Effekten entwickelt. Foto Jacob Lund/Adobe Stock

Vom „Schinken“ D-Böller über die Batterie bis zur Plastikkappe auf der Zündschnur: Wie hat sich das Feuerwerk in den letzten Jahrzehnten entwickelt? Was ist heute anders als früher?

Der wichtigste Entwicklungsschritt war sicherlich die Feuerwerksbatterie so um die Jahrtausendwende. Wir gehörten zu den Ersten, die sie mit verkauft haben. Das ist natürlich ein absolutes Convenience-Produkt. Man hat einen Kasten so groß wie eine Bierkiste, den zündet man einmal an und hat drei Minuten Feuerwerk, bei dem man sich wunderbar zuprosten kann. Und man hat keine Einzelteile, die man hinterher weder mühsam einsammeln muss. Das hat das Feuerwerk auch allgemein sicherer gemacht.

Was sich heute weiterentwickelt hat, sind die Farben. Früher war es ganz viel Gold, heute haben wir eine große Farbenvielfalt. Grün und Rot sind die preiswertesten und häufigsten Farben, man sieht heute aber auch viel Blau. Das ist ziemlich teuer wegen der Metalle, die dafür eingesetzt werden. Zuletzt haben wir eine neue Serie mit Neonfarben herausgebracht.

Die alten D-Böller gibt es gleichwohl immer noch. Ich möchte fast sagen, leider. Denn die meisten Feuerwerksgegner haben ja nichts gegen die Farben und die Lichter, sondern gegen den Knall und das Erschrecken. Idioten, die einem den Knaller in die Kapuze stecken und so etwas. Deshalb sage ich immer, das Erste, worauf ich verzichten könnte, wären die reinen Knaller. Aber sie sind halt auch ein Traditionsartikel.    


Gibt es ein Highlight oder eine besondere Neuheit in dieser Feuerwerks-Saison?

Im Prinzip entwickeln wir die Batterien laufend weiter. Generell stehen die Systemfeuerwerke, also die mit den verbundenen Effekten im Vordergrund. Und dann geht es um die Spielarten, wie man die Effekte zu einer Inszenierung kombiniert. Wir haben jedes Jahr ungefähr 30 bis 40 Neuheiten.  

Woran macht man in dieser Branche Innovationen noch fest? Sind Farben und Effekte weitgehend ausgereizt und stehen Innovationsschwerpunkte heute doch eher unter ökologischen oder Sicherheitsaspekten?

Es gibt immer wieder neue Effekte, meistens im Großfeuerwerksbereich, und die versuchen wir dann immer in unsere kleinen Endprodukte auch reinzukriegen. Dafür haben wir eine eigene Entwicklungsabteilung, arbeiten aber auch mit 30 Produktionspartnern in Asien zusammen, die uns ihrerseits immer wieder Neuheiten vorstellen

Viele Veranstalter arbeiten schon mit technischen Alternativen zum Feuerwerk wie Laser- oder Drohnenshows. Sehen Sie das als Bedrohung ihres Kerngeschäfts oder eher als Erweiterung des gesamten Spektrums?

Ich muss ganz ehrlich sagen, auf der Sail hat mir die Kombination aus Feuerwerk und Drohnenshow exorbitant gut gefallen. Eine richtig schöne Show. Aber das waren jetzt 300 Drohnen, die zum Einsatz kamen. Das sind auch 300 Akkus, die für das Feuerwerk geladen werden und 300 Akkus, die irgendwann entsorgt werden müssen. Ob die Umweltbilanz so viel besser aufgeht, bezweifle ich ein wenig. Abgesehen davon, dass die Drohnenshow mit Sicherheit deutlich teurer ist. Beides zusammen ist ein toller Mix. Aber von Leuten, die mal reine Drohnenshows auf einer Kirmes oder so gesehen haben, höre ich auch immer: „Das war es doch jetzt nicht“. Insofern sehen wir die Entwicklung dort vollkommen entspannt. Wenn es wirklich eine Konkurrenz wäre, hätten wir längst eine eigene Drohnenshow-Abteilung. Dafür eine kleine Drohnenfirma zu übernehmen, wäre relativ einfach.

Aber für mich passte es auch nicht ganz zusammen, wenn ich hier alles Plastik aus dem Feuerwerk verbanne, von der Verpackung bis hin zu den kleinen Zündschnurkappen, und auf der anderen Seite 300 Akkus in die Luft steigen lasse. Drohnenshows können auch immer nur zentral stattfinden, bei Großfeuerwerken, und das ist eh nicht unser Geschäft.

Wie muss man sich die Zeit von Neujahr bis etwa zum Sommer bei Comet vorstellen? Was passiert dann vor allem?

Anfang Januar werden die Retouren der Saison gesichtet und aufgearbeitet. Unser Vertrieb ist derweil in den ersten drei Monaten bemüht, alle Kunden auch für die nächste Saison wieder an Bord zu bekommen. Bei Edeka beispielsweise sprechen wir dafür mit rund 7000 Einzelhändlern vor Ort. Parallel gestaltet und platziert das Marketing um Jens Thomas Produkte für die kommende Saison. Grundsätzlich ist im Sommer etwas weniger los, aber dafür wird ab September wieder rangeklotzt.

Wie verbringen Sie selbst am liebsten Silvester?

Am liebsten im Freundeskreis. Ich wohne in einem kleinen Dorf mit knapp 4000 Einwohnern und einer meiner Kollegen verpachtet eine Kneipe. Die pachten wir dann an Silvester und feiern mit etwa 40 bis 50 Leuten. Und alle, die Feuerwerk gekauft haben, können natürlich ihre Sachen abbrennen, meistens Batterien. Ich bringe auch gern etwas mit, wenn ich darauf angesprochen werde. Allerdings nicht einzelne Knaller von jeder Sorte. Meistens bringe ich ein Paket mit, aus dem sich jeder bedienen kann.


Haben sie auch ein Lieblingsfeuerwerk?

Ja, Space Crash. Das ist eine Batterie, so groß wie knapp zwei Bierkisten und mit etwa 2000 Gramm mit das Größte, was wir verkaufen können. Einmal angezündet, läuft es drei Minuten. Davon habe ich meistens zwei, die ich mit etwas Abstand voneinander parallel anzünde. Das sieht dann ein bisschen aus wie ein Hochzeitsfeuerwerk, das ist ganz schön.

Herr Eickel, vielen Dank für das Gespräch und einen guten Rutsch für Sie und ihre Mitarbeiter.

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