
Viele Menschen wachen morgens übermüdet und mit Verspannungen oder Rückenschmerzen auf. Die Ursachen für schlechten Schlaf sind vielfältig. Wir haben mit dem Schlafexperten Jens Rosenbaum über die beiden häufigsten Schlafprobleme gesprochen und was man dagegen tun kann.
Moin Herr Rosenbaum, haben Sie gut geschlafen?
Lange und gut, darauf können Sie wetten.
Manche Menschen rühmen sich damit, mit wenig Schlaf auszukommen oder überall schlafen zu können. Warum ist ausreichender und gesunder Schlaf so wichtig?
Schlaf ist zunächst mal sehr individuell, sowohl Schlafdauer als auch Schlafenszeit. Es gibt die Eulen, die spät zu Bett gehen und die Lerchen, die früh aufstehen. Manche kommen mit fünf Stunden Schlaf aus, andere brauchen neun. Der Schlafbedarf ändert sich auch mit zunehmendem Alter. Schlafen Babys im Schnitt 14 bis 17 Stunden pro Tag, sind es im Alter oft weniger als sechs.
Aber für uns alle ist Schlaf lebensnotwendig. Am Tag sind wir aktiv und bewegen uns, nehmen Nahrung auf und tauschen Informationen aus. In der Nacht, muss alles am Tag Aufgenommene verarbeitet werden. Deshalb muss der Körper ruhen, optimal im Liegen und ohne Bewusstsein. Gleichzeitig durchläuft der Körper einen Erneuerungs- und Genesungsprozess. Wachstumshormone und Immunsystem etwa können nur im Schlaf wirken, daher auch die Redensart „sich gesund schlafen“.
Warum schnarchen viele Menschen und betrifft das wirklich fast nur Männer? Und was kann Schnarchern gesundheitlich drohen, außer Tritte vom genervten Bettnachbarn?
Beim Schnarchen gibt es einen kleinen Geschlechterunterschied. Knapp 60 Prozent aller Männer und 40 Prozent der Frauen neigen dazu. Aber man muss unterscheiden zwischen lauten Atemgeräuschen und der gefährlichen Schlafapnoe.
Schnarchen ist ein komplexes, strömungsdynamisches Problem. Kurz gesagt flattern im Rachen Gaumensegel, Zäpfchen oder Zungengrund beim Atmen. Das beruht auf ihrem erschlafften Bindegewebe und erzeugt das Schnarchgeräusch. Das erschlaffte Bindegewebe ist eine mögliche Alterungsfolge, kann aber auch von Erkrankungen, Alkoholkonsum und Übergewicht herrühren. Besonders schweres Schnarchen mit Atemaussetzern und dadurch Sauerstoffmangel sollte der Arzt prüfen. Denn das könnte eine Apnoe sein, die für das Herz-Kreislaufsystem gefährlich wird.
Eine andere Ursache für schlechten Schlaf ist oft die Unterlage. Matratzen sind in den letzten Jahren stark in den Fokus der Werbung gerückt. Wie sollte eine gute Matratze beschaffen sein?
Eine Matratze soll den Körper druckfrei aufnehmen, aber die Wirbelsäule stützen, damit sie nicht abknickt oder durchhängt. Die Matratze kann aber auch nur so gut wirken, wie es die Unterfederung unter ihr zulässt. Die unterstützt die Matratze im Idealfall bei Schulter, Lordose und Becken, um ein anatomisch gesundes Liegen zu ermöglichen. Daher sollte die Matratze, wenn möglich, in einem Fachgeschäft vor dem Kauf unbedingt ausprobiert werden, zusammen mit Unterfederung und Kissen, wie man es zuhause in seinem Bett hat. Ob es dann eine Schaum- oder Taschenfederkernmatratze wird, hängt vom persönlichen Liegegefühl ab.
Die einen suchen nach der richtigen Matratze wie die Prinzessin auf der Erbse, andere schwören auf Hängematte, Wasserbett oder den nackten Boden. Gibt es die eine medizinisch sinnvolle Schlafunterlage?
Die eine Matratze für alle gibt es nicht. Körperform, -gewicht und -größe spielen ebenso eine Rolle wie unsere Wahrnehmung und unser Kuschelbedürfnis. Wir sollten auf jeden Fall mehr unserem Bauchgefühl folgen als unserem Kopf, der sich gerne von der Werbung beeinflussen lässt. Nicht alles ist unnötig, aber leider wird oft mehr versprochen als gehalten. Neu ist allerdings, dass es voll waschbare Matratzen gibt, also Bezug und Kern, was besonders für Allergiker interessant sein dürfte.
In letzter Zeit hört man öfter von „schwerer Bettwäsche“ oder Gewichtsdecken, mit denen viele Menschen behaupten, besser schlafen zu können. Was hat es damit auf sich?
Das kann durchaus einen positiven Effekt haben. Mit so einer Gewichtsdecke fühlt man sich von seinem Bett umarmt und beschützt. Das auszuprobieren kann sich lohnen. Im Sommer wird das sehr warm, aber da ist das Kuschelbedürfnis auch meist geringer.
Wie sollte der Kopf liegen, damit man nachts keine Wälder abholzt oder sich morgens wie gerädert fühlt?
Am besten lässt man sich in einem Fachgeschäft beraten, bevor man den x-ten Fehlkauf tätigt. Gute Fachgeschäfte vermessen die Lordose im Nackenbereich, um die notwendige Stützhöhe für das Kissen zu finden. Aus medizinischer Sicht sind orthopädische Nackenstützkissen zu empfehlen. Sie haben eine vorgewölbte Ausprägung, um Kopf und Nacken anatomisch richtig zu lagern. Aber das Kissen muss zum Schläfer passen, also bitte vorher ausprobieren, statt blind kaufen.
Jetzt kommt auch wieder die Zeit, wo wir verreisen und oft in unbekannter Umgebung schlafen. Welche Tipps haben Sie, um überall so gut und gesund wie möglich zu schlafen?
Ganz wichtig: Schlafen nicht zum Problem machen! Wer mit der Sorge verreist, Probleme mit dem Bett zu bekommen, wird sie auch garantiert haben. Wir dürfen das Natürliche am Schlaf nicht zu sehr verkopfen. Einige Tage lässt es sich immer aushalten, auch wenn das Bett nicht optimal ist. Wer die Möglichkeit hat, kann sich für die Reise ein Betten-Set zusammenstellen, das aus einem Topper (Hotelmatratzen sind oft knüppelhart), einer Zudecke und einem Reisekissen nach seinen Bedürfnissen besteht. Mindestens das Kissen passt in jedes Gepäck und es hilft schon enorm, wenn der Kopf richtig liegt. Ansonsten gilt: Urlaub genießen und sich dann wieder auf das schöne Bett zuhause freuen.
Vielen Dank, Herr Rosenbaum und gute Nacht.
Welche wirksamen Hilfsmittel und Therapien gibt es gegen Schnarchen?
- Ärztliche Abklärung
- Möglicher Einsatz einer Schlafmaske
- Bei Übergewicht, abnehmen
- Kein Alkohol vor dem Schlafen
- Oberkörper hochlagern (zum Beispiel mit Motorrahmen) und ein passendes Nackenstützkissen, um die Atemwege zu entlasten
- Alternativ versuchen, auf der Seite zu schlafen
- Wenn gar nichts hilft, getrennte Schlafzimmer
Lies auch...
