100% Seestadt  6x im Jahr  30.000 Exemplare
Dein kostenloses Stadtmagazin
Kapitän Arne Schwegmann auf der Brücke der "Walther Herwig III" Foto LE
An Bord der „Walther Herwig III“: Bremerhavener Forscher machen Inventur in den Meeren

Datum

Autor

Die Ozeane verändern sich ständig – und mit ihnen das Leben darin. Diesen Wandel haben die Wissenschaftler des Bremerhavener Thünen-Instituts für Fischereiforschung fest im Blick. Mit ihrem Flaggschiff „Walther Herwig III“ prüfen sie regelmäßig, wie sich die Fischbestände in Nordsee, Ostsee und Nordatlantik entwickeln. 2026 führt sie die Reise sogar in das Bermuda-Dreieck – auf der Suche nach Aal-Eiern.

22 Mann Besatzung stehen bei den Fahrten der „Walther Herwig III“ unter dem Kommando von Kapitän Arne Schwegmann. Dazu kommen zwölf Wissenschaftler des Thünen-Instituts. 270 Tage ist das Forschungsschiff des Bundes pro Jahr auf See. „Viele Reisen wiederholen sich“, erläutert Arne Schwegmann. Jedes Jahr werden zur selben Zeit dieselben Meeresgebiete angesteuert. So entstehen verlässliche Langzeitdaten über die Fischbestände in Nord- und Ostsee sowie im Nordatlantik.

Die Besatzung wirft am Zielort die Netze aus und übergibt den Fang dann an die Wissenschaftler unter Deck. „Die Fische werden sortiert, gezählt, vermessen und seziert“, zählt Fischereibiologe Dr. Gerd Kraus auf. Welche Fische gehen ins Netz? Wie viele von welcher Art? Und wie alt sind sie? Mittels dieser Stichproben können die Forscher präzise Daten über die jeweiligen Fischbestände in den Gebieten erfassen.

„Walther Herwig III“

  • Schiffstyp: Heckfänger
  • Heimathafen: Bremerhaven
  • Länge: 63,2 Meter
  • Tiefgang: 5,5 Meter
  • Maschinenleistung: 1.835 PS
  • Baujahr: 1992

Fischereiquoten sichern den Bestand

Die EU nutzt diese Ergebnisse der Bremerhavener Forschung als Grundlage für ihre Fischereiquoten. Die legen fest, wieviel in europäischen Gewässern gefangen werden darf. „Das Ziel ist: Es sollen nur so viele Fische entnommen werden dürfen, dass die Bestände gut wachsen können“, so Kraus. Seit rund 20 Jahren betreibt das Thünen- Institut für Fischereiforschung dieses Monitoring. Die Quotierungen zeigen laut Gerd Kraus Wirkung: Während im Jahr 2000 noch rund 90 Prozent der europäischen Bestände als überfischt galten, sind es heute nur noch etwa 30 Prozent.

„Die Quoten kommen in der Wirtschaft nicht immer gut an“, räumt Gerd Kraus ein. „Aber sie sorgen auf lange Sicht für stabile Erträge.“ Mit den Betrieben im Bremerhavener Fischereihafen pflege das Thünen-Institut eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Außerdem sind die Forscher eng mit der Hochschule Bremerhaven und der Universität Bremen vernetzt.

Tintenfisch und Doraden in der Nordsee

In der Nordsee beobachtet das Thünen-Institut gerade mehrere gravierende Veränderungen. „Der Bestand an Tintenfischen ist explodiert“, sagt der Biologe. Grund dafür sei die Erwärmung des Meeres. Das wärmere Wasser zieht auch zum Beispiel Doraden und Wolfsbarsche an, die sich sonst eher vor Spaniens und Frankreichs Küsten wohlfühlen. Außerdem scha!en die O!shore-Windparks einen bequemen Lebensraum für Krebse und Hummer. Vieles ist gerade im Wandel – aber wo geht es hin? „Das ist nicht wirklich klar. Ökosysteme müssen sich entwickeln. Das kann Jahrzehnte dauern“, weiß Gerd Kraus.

Ein besonderes Ziel wartet 2026: das Bermuda-Dreieck, im Atlantik östlich von Florida. „Wir wollen dort Aal-Eier finden“, kündigt Kapitän Arne Schwegmann mit einem Lächeln an. Das ist noch keinem Menschen gelungen, die Fortpflanzung der Aale ist bis heute teilweise ein Rätsel. Fest steht, dass die Larven in der Sargassosee bei Bermuda schlüpfen – und sich dann in alle Welt verteilen. Auch wenn den Bremerhavener Wissenschaftlern dort keine Sensation ins Netz gehen sollte: Ihre Mission trägt dazu bei, den vom Aussterben bedrohten Aal besser zu schützen.

Die Thünen Institute in Bremerhaven

Gleich zwei Thünen-Institute haben ihren Sitz am Fischereihafen und nutzen die „Walther Herwig III“ als Forschungsschiff. Das Thünen-Institut für Seefischerei ist zuständig für nachhaltigen Fischfang, das Institut für Fischereiökologie für die Erforschung und Überwachung der Meeresumwelt. Beide unterstehen dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat.
www.thuenen.de/de/fachinstitute/seefischerei

Weitere
Beiträge