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Mit einer OP zum neuen Leben – Adipositas-Chirurgin Dr. Elena Junghans im Interview

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Krankhaftes Übergewicht – Adipositas genannt – ist in Deutschland ein wachsendes Problem. Die Fettleibigkeit begünstigt viele weitere Erkrankungen und ist für Betroffene oft kaum mehr zu überwinden. Die Bremerhavener Adipositas- Chirurgin Dr. Elena Junghans verändert viele Leben grundlegend zum Positiven. Sie operiert am Bremer DIAKO-Krankenhaus mehr als 100 Menschen im Jahr, um den Adipositas-Teufelskreis zu durchbrechen.

Frau Dr. Junghans, mehr als ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland gilt als adipös. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Die Zahlen steigen seit 20 Jahren. Die Ursachen für Adipositas sind multifaktoriell, eine der Hauptursachen ist allerdings unser moderner Lebensstil. Dafür gibt es unzählige Beispiele. Einerseits sind es die hochkalorischen, hochverarbeiteten Lebensmittel, die den Körper, Geschmack und Geruchssinn verändern und uns praktisch süchtig machen. Dann fehlt es an städtischer Infrastruktur, die Bewegung fördert, wie zum Beispiel Fahrradwege oder Spielplätze. Es müsste politisch etwas verändert und viel mehr in die Prävention investiert werden. Wir behandeln nur die Symptome. Im Jahr 2023 gab es rund 23.000 Adipositas-OPs in Deutschland. Wenn ein Viertel der Bevölkerung adipös ist, können Sie sich ausrechnen, wie viele überhaupt eine OP kriegen: nur ein Bruchteil.

Woran liegt das?

Unter anderem an Ignoranz und Stigmatisierung sowie Unwissenheit, auch im Gesundheitswesen. Oft haben die Patientinnen und Patienten in unserer Sprechstunde ihr Leben lang gehört: „Iss weniger“. Sie denken irgendwann selbst, sie sind schuld, obwohl sie eine Erkrankung haben. Denn sobald ein Körper viel Fettgewebe angesammelt hat, verändert das Fettgewebe zum Beispiel die hormonellen Kreisläufe. Es produziert mehr als 100 Substanzen, die unter anderem auf Bauchspeicheldrüse, Leber und Herz, aber auch den Hypothalamus – die Steuerungszentrale im Gehirn – einwirken. Adipöse Menschen haben einen anderen Geschmacks- und Geruchssinn, mehr Hunger und weniger Sättigungsgefühl. Keiner von uns kann den Hypothalamus steuern. Deshalb ist es Unsinn, den Betroffenen zu sagen: „Iss weniger“. Wenn wir Fieber haben, sagt ja auch niemand: „Senk deine Körpertemperatur“.

Was geschieht bei einer Operation?

Am Anfang ging es in der Adipositas-Chirurgie darum, den Magen möglichst zu verkleinern, damit weniger Inhalt hineinpasst. Heute wissen wir, dass der Erfolg der Operation nicht nur davon abhängt, wie klein der verbleibende Magen ist. Der Teil des Magens, in dem die Hungerhormone produziert werden, wird entweder entfernt oder mit einem Bypass umgangen und stillgelegt. Der Körper stellt sich danach um. Die Produktion von Hungerhormonen sinkt. Ganz viele Leute verspüren dann kaum noch Hunger, die Sättigung tritt sehr schnell ein. Die Operation erlaubt es den Patientinnen und Patienten, bis zu 70 Prozent des überflüssigen Gewichts abzunehmen. Mit Adipositas verbundene Erkrankungen im Herz-Kreislauf-System, Schlafapnoe oder Rücken- und Gelenkschmerzen gehen stark zurück, die Lebenserwartung steigt. Das können wir so nur durch eine OP erreichen.

Was gehört noch zur erfolgreichen Behandlung?

Die OP ist nur ein Baustein, der dem Körper erlaubt, sich zu resetten. Wir bereiten die Patientinnen und Patienten drei bis sechs Monate darauf vor. In der Zeit lernen die Patientinnen und Patienten sich und ihre Lebensgewohnheiten richtig kennen. Wir machen Ernährungsberatung, sprechen über Bewegung und das eigene Verhalten. Nach der OP folgen eine lebenslange Beratung und jährliche Kontrolluntersuchungen.

Was gibt Ihnen persönlich diese Arbeit?

Wir sehen zufriedene Menschen, die ein ganz anderes Leben führen können. Für mich ist das sehr schön. Das ist für die Motivation natürlich auch sehr hilfreich. In den Vorgesprächen wird manchmal auch geweint. Nach der Behandlung sehen wir in strahlende Gesichter. Ich finde die Arbeit großartig!

Weitere Infos findest du hier: diakobremen.de/ adipositas-chirurgie

Das interdisziplinäre Team des durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zertifizierten Kompetenzzentrums für Adipositas- und metabolische Chirurgie arbeitet eng zusammen für Patientinnen und Patienten.

Teamwork im zertifizierten Adipositas-Chirurgiezentrum

Das Team rund um Adipositas-Chirurgin Dr. Elena Junghans begleitet und engagiert sich für die Patientinnen und Patienten – von der Erstberatung bis zur Nachsorge.

Starke Zusammenarbeit für individuelle Wege

Im DIAKO Krankenhaus Bremen arbeiten im zertifizierten Adipositas-Chirurgiezentrum verschiedene Berufsgruppen eng zusammen, um Menschen mit starkem Übergewicht ganzheitlich zu begleiten – von der Erstberatung, über die Operation bis zur langfristigen Nachsorge.

Operative Fachkompetenz & Begleitung

Bei der Entscheidung für eine Adipositas- Operation setzt Dr. Elena Junghans minimalinvasive Methoden ein – wie zum Beispiel Schlauchmagen oder Magenbypass. Anästhesie, Pflege und Diätassistentinnen stimmen sich kontinuierlich ab und begleiten die Patientinnen und Patienten während des stationären Aufenthalts. Dadurch entsteht eine Atmosphäre, in der sich alle sicher und zuverlässig versorgt fühlen.

Kontinuierliche Nachsorge & Gesundheitsimpulse

Auch nach dem Krankenhausaufenthalt werden die Patienten und Patientinnen weiter eng begleitet: Die Diätassistentinnen unterstützen während des Aufenthalts beim Ernährungsplan. Die Adipositas-Koordinatorin Madleén Tolk organisiert individuelle Nachsorgetermine, überwacht den Fortschritt und vermittelt bei Bedarf weitere Beratungsangebote. So bleibt die Rückfallquote gering und die Nachhaltigkeit hoch.

Zusammen im Fokus: Patientinnen und Patienten

Das gesamte Team – Chirurgie, Pflege, Adipositas-Koordination, Diätassistenz, Anästhesie und Bewegungstherapie – arbeitet mit einem gemeinsamen Ziel: die Gesundheit und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten nachhaltiger zu verbessern. Empathie, professionelle Kompetenz und das Gefühl von Sicherheit prägen jeden Schritt des Weges.

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