
In unserem digitalen Zeitalter können wir fast sofort nach einem Ereignis eine Unmenge an Nachrichten dazu abrufen. Wie gehen wir mit solchen Möglichkeiten um? Welche Themen beschäftigen die Menschen, und wie lange? Diesen Fragen sind die Filmemacher Tom Jansen und Justin Kempke nachgegangen. In ihrem Medienprojekt „AYR 2023“ klären die beiden über digitale Informationsflut auf und regen zur Selbstreflexion bei der Produktion und dem Konsum von Medien an. Aus dem crossmedialen Projekt ist nun ein Unternehmen geworden – mit dem langfristigen Ziel, eine Kooperative in Bremerhaven aufzubauen.
Die digitale Welt ist für Justin Kempke und Tom Jansen ihr berufliches Zuhause. Beide sind Absolventen des Studiengangs Digitale Medienproduktion (DMP) an der Hochschule Bremerhaven, wo Justin heute auch als Forschungsassistent arbeitet. Ihr gemeinsames Projekt „AYR 2023“ soll dazu anregen, aufwühlende Themen mit zeitlichem Abstand zu betrachten, um die eigenen Emotionen, Verhaltensweisen und politischen Überzeugungen zu überprüfen.
Medienforschung trifft auf visuelles Design
In einer Medienanalyse untersuchten sie für das Jahr 2023 empirische Daten zu den häufigsten journalistischen Themen, vor allem Google-Suchbegriffe. Darunter wählten sie aus jedem Monat zwei Keywords aus, die am häufigsten eingegeben wurden und möglichst einen inhaltlichen Kontrast zueinander darstellten: etwa „Türkei Erdbeben“ und „Karneval“ im Februar. Für die Präsentation ihrer Ergebnisse suchten sie auch nach künstlerischen Mitteln, um die Informationsflut erlebbar zu machen. Also entschieden sich die beiden Medienprofis für eine crossmediale Darstellung, die einen Film und ein Begleitheft umfasst. Das gesamte Projekt ist zudem als 3D-Visualisierung konzipiert, die durch eine VR-Brille angeschaut werden kann.
„Von Cuxhaven bis nach München“
In der Umsetzung setzt Pareidolia auf Transparenz sowie die Leitlinien des „Beutelsbacher Konsens“ für politische Bildung. Justin stellt klar: „Wir wurden oft nach Lösungsansätzen gefragt. Unser Ziel ist es aber zunächst, die Leute auf eine übergeordnete Ebene zu bringen, wo man sich unterhalten kann.“ Tom fügt hinzu: „Die Frage, wie wir mit der digitalen Welt umgehen, wird in Zukunft entscheidend sein.“ Panik will er damit nicht schüren. Sicher sei es wichtig, schnelllebige Medienhypes, Click-Baits in sozialen Medien, „Doom-Scrolling“, Alarmismus und Polarisierungen zu hinterfragen. Bei den zunehmend KI-generierten Inhalten sehen die beiden sowohl eine Chance auf mehr Skepsis als auch die Gefahr eines Verlusts von Vertrauen und Glaubwürdigkeit. „Auf ein Balance wird es vermutlich ankommen – wie diese genau aussehen wird, ist noch unklar“, fasst Justin zusammen.
Die Konzeptentwicklung erhielt bereits eine Förderung der nordmedia mbH und wurde auf dem Filmfest Bremen und dem DMP-Tag in Bremerhaven vorgeführt. Für das anknüpfende Projektvorhaben „Overload 2025“ suchen die beiden neue Förder- und Kooperationspartner und wollen auch Mitarbeitende einstellen. „Langfristig planen wir eine Worker-Coop, die demokratische Unternehmensstrukturen mit klassischen Filmprozessen verbindet“, verrät Tom. Justin sieht in Bremerhaven ideale Bedingungen dafür: „Unser Fokus liegt hier auf Visualisierung, Postproduktion für Film und neue experimentelle Formate – mit einem Netzwerk von Cuxhaven bis nach München.“
Kontakt unter
tom@pareidolia.studio
justin@pareidolia.studio
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