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Die Mitbegründerin des Afrika Netzwerks Bremen, Virginie Kamche, sitzt in einem gelben Kleid auf einer Bank
@kelling

Am 24. August wurde der Diasporapreis 2024 feierlich durch das Afrika Netzwerk Bremen e.V. im Auswandererhaus vergeben. Die Preisträger wurden unter anderem in den Kategorien „Frieden“, „Zusammenarbeit“ und „Umwelt“ ausgezeichnet. Wir haben uns ein paar Tage vor der Preisverleihung mit Virginie Kamche, der Mitgründerin des Vereins, persönlich unterhalten.

Die Afrikanerin hat Ausgrenzung und Rassismus selbst erlebt. Geboren ist Virginie Kamche in Kamerun als Tochter eines erfolgreichen Unternehmers, der sich seinen Wohlstand selbst erarbeitet hatte. Er schickte sie mit 17 Jahren zum Studieren nach Frankreich. Trotz ihrer privilegierten Herkunft und Bildung – die Mathematikbegeisterte studierte erfolgreich Informatik und Bauingenieurwesen – stieß die junge Frau aufgrund ihrer Hautfarbe immer wieder auf Hindernisse, beruflich und zwischenmenschlich. Und sie lernte immer mehr Menschen wie sie kennen, die ähnliche Ungerechtigkeiten erlebten, aber auch in der Heimat keine Zukunft mehr sahen.

Zwischen den Welten

„Ich hing zwischen den Welten“, sagt die heute 59-Jährige. „In Afrika habe ich mich plötzlich nicht mehr wohl gefühlt. Der europäische Einfluss hatte mich nach zehn Jahren in Frankreich sehr verändert.“ So störte sie sich zum Beispiel plötzlich an Leuten, die sich in Kamerun in einer Verkaufsschlange vordrängelten. In Frankreich hatte sie das kaum erlebt. Dort hatte alles mehr Ordnung. Als ihr Mann, ebenfalls Kameruner, zwei Jahre später in Deutschland als Rechtsanwalt promovieren wollte, zögerte sie nicht, mit ihm auszuwandern. Doch auch sein Hochschulabschluss schien in Europa weniger wert zu sein. Die Geschichte wiederholte sich.

Ihren zwei Kindern wollte Virginie Kamche diese negativen Erfahrungen ersparen. „Sie sind hier geboren, sie sind Deutsche und ihre Muttersprache ist Deutsch. Und trotzdem werden sie gefragt, wo sie herkommen. Das ist unfair und respektlos.“ Auch deshalb gründete sie 2010 das Afrika Netzwerk. „Wir müssen mehr miteinander reden und versuchen, uns gegenseitig zu verstehen. Dann können wir auch friedlich zusammenleben“, ist Virginie Kamche überzeugt. Aus ihrer Sicht geschehen die meisten Ungerechtigkeiten nicht aus Bosheit oder Rassismus, sondern aus Unwissenheit.

Eine Frage der Kultur

Eine langjährige Freundin fragte sie eines Tages: Virginie, warum schaust du den Menschen nicht in die Augen, wenn du mit ihnen redest? Das ist unhöflich. „Ich war völlig schockiert“, erzählt „Mama Afrika“, wie die Vereinsvorsitzende von vielen freundschaftlich genannt wird. „Meine Eltern hatten mir als Kind eingebläut: Schau Respektspersonen nie direkt an, das gehört sich nicht. Schau immer auf den Boden. In meiner Kultur war also das genaue Gegenteil der Fall.“ Eines von vielen Beispielen, warum so viele Missverständnisse zwischen Weißen und Schwarzen, aber auch anderen Ethnien, bestehen. Die Fachpromotorin will deshalb durch den Verein Begegnungen schaffen, um Menschen in den Dialog zu bringen.

Ein Herzensprojekt von Virginie Kamche ist der „Diasporapreis für besonderes Engagement für nachhaltige Entwicklung in Bremen und eine bessere Welt“. Hier werden Personen ausgezeichnet, die sich bedeutend für die afrikanische Community einsetzen. „Das Wichtigste an der Preisverleihung ist nicht der Scheck für die Gewinner. Viel wichtiger ist, dass die Preisträger eine Bühne bekommen. Dass sie ihre Ideen vor einem Publikum vortragen dürfen und gehört werden.“

Das Ziel: Eine Partnerschaft

Das Afrika Netzwerk betreut die Bewerber über die Preisverleihung hinaus. So stellt Virginie Kamche Kontakte zu potenziellen Sponsoren, Partnerunternehmen oder Organisationen her, die bei der Realisation der innovativen Pläne weiterhelfen können. „Mein Wunsch ist eine langfristige Partnerschaft zwischen Bremerhaven und dem Globalen Süden“, sagt die leidenschaftliche Netzwerkerin. „Es gibt so viele großartige Menschen mit wunderbaren Ideen, die beide Seiten auf vielen Ebenen bereichern würden: sozial, kulturell und wirtschaftlich. Jetzt ist die Zeit dafür!“

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