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Ein älterer Mann freut sich über die freundliche Zuwendung einer Frau
©Robert Kneschke/stock.adobe.com

Ein plötzlicher Unfall, eine schwere Krankheit oder körperliche Einschränkungen im Alter können dazu führen, dass jemand Unterstützung im Alltag oder sogar stationäre Pflege benötigt. Das ist jedoch meist mit Kosten verbunden. Um diese durch die Pflegekasse zu decken, muss erst ein Pflegegrad für die Person beantragt und von der Kasse bewilligt werden. Hier erfährst du, welchen Nutzen ein Pflegegrad hat und wie die Antragstellung abläuft.

Was ist ein Pflegegrad?

Vor 2017 wurden Antragstellende in Pflegegrade statt in Pflegestufen unterteilt. Allerdings berücksichtigte dieses alte Modell die besonderen Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz – zum Beispiel durch eine Demenzerkrankung – nicht ausreichend. Dies wurde mit der Einführung des Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) und der Pflegegrade korrigiert. Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade, in die Versicherte entsprechend ihres Hilfebedarfs eingeteilt werden. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Pflegegeld und Pflegesachleistungen stehen dem Antragstellenden zu.

Wie sind die Pflegeleistungen gestaffelt?

Mit Pflegegrad 1 gibt es noch keinen Anspruch auf Pflegegeld oder Sachleistungen, aber immerhin einen Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich. Davon kann zum Beispiel eine Alltagshilfe entlohnt werden, die Einkäufe erledigt oder die Wohnung regelmäßig putzt. Diesen Entlastungsbetrag gibt es für jeden Pflegegrad. Die Geldbeträge für die Pflegegrade 2 bis 5 wurden Anfang 2022 angehoben und zum 1. Januar 2024 ein weiteres Mal. Antragstellende mit bewilligtem Pflegegrad haben die Wahl zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen.

Was ist der Unterschied zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen?

Welche Leistungsgelder ausgezahlt werden, hängt hauptsächlich davon ab, von wem eine Person gepflegt wird. Bei einer Betreuung durch Familienangehörige zu Hause hat der Krankenversicherte Anrecht auf ein monatliches Pflegegeld. Dies kann er beispielsweise für selbst beschaffte Pflegehilfen einsetzen oder an genau die Familienmitglieder weitergeben, die sich um ihn kümmern. Dadurch erhalten pflegende Angehörige, die aufgrund der vorliegenden Situation beispielsweise nur in Teilzeit arbeiten, einen finanziellen Ausgleich. Kommt ein ambulanter Pflegedienst regelmäßig ins Haus, dann werden dafür Pflegesachleistungen eingesetzt. Diese fallen deutlich höher aus als das Pflegegeld, da ein Dienstleister sein Personal für die geleistete Arbeitszeit mit allen Rechten, Pflichten und Lohnnebenkosten als Arbeitgeber beschäftigt.

Zweigleisige Lösung: die Kombinationsleistung

Auch eine anteilige Kombination aus Pflegesachleistungen und Pflegegeld ist möglich. Das entlastet zum Beispiel Angehörige, die nicht rund um die Uhr für ein pflegebedürftiges Kind da sein können. Ein Leistungsnachweis dokumentiert alle getätigten Dienste des beauftragten Pflegedienstes im Auftrag des Klienten. Das sorgt für Transparenz bei allen Beteiligten. Die Abrechnung erfolgt in der Regel direkt zwischen dem Pflegedienst und der Pflege- oder Krankenkasse. So können Hilfsbedürftige und betreuende Angehörige die Leistungen bestmöglich ausschöpfen und haben trotzdem wenig Verwaltungsaufwand.

Wie beantrage ich einen Pflegegrad?

Als Antrag reicht ein formloses Schreiben an die Pflegekasse, die bei der Krankenkasse des Versicherten angesiedelt ist. Antragsformulare bieten viele Kassen auch auf ihrer Website an. Im nächsten Schritt beauftragt die Kasse einen unabhängigen Gutachter des Medizinischen Dienstes. Dieser vereinbart einen Termin zum Hausbesuch. Im Gespräch wird dann anhand eines Fragenkatalogs ermittelt, wie selbstständig der Antragstellende seinen Alltag bestreiten kann.

Gut vorbereitet für den Medizinischen Dienst

Vor allem ältere Menschen sträuben sich häufig davor, Hilfe von außen anzunehmen und einen Pflegegrad zu beantragen – obwohl das Leben dadurch einfacher werden könnte. Auch für pflegende Angehörige. Aber vielen Senioren fällt es sehr schwer, sich mit den wachsenden körperlichen und geistigen Einschränkungen abzufinden und sich Fremden anzuvertrauen. Hier heißt es geduldig sein und Argumente im ruhigen Ton vorbringen. Das Familienmitglied soll nicht das Gefühl haben, das Entscheidungen über seinen Kopf hinweg gefällt werden. In jedem Fall muss der Pflegebedürftige kooperieren, damit der Medizinische Dienst einen Pflegegrad feststellen kann. Wer so tut, als würde er seinen Haushalt mit links erledigen, dem wird nur schwer Unterstützung bewilligt werden. Aber auch Übertreibung kann sich negativ aufs Gutachten auswirken: Einen „Schauspieler“ entlarvt ein Gutachter schnell!

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