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Ein Mann steht vor einiger riesigen Wand, die mit bunten Notizzetteln bedeckt ist
©bojan/stock.adobe.com

Vergesslichkeit, Sprachstörungen und nachlassendes Interesse an Hobbys und sozialen Kontakten können erste Anzeichen für eine Demenzerkrankung sein. Was die meisten verdrängen: Demenz kann uns alle betreffen, auch diejenigen, die noch im Berufsleben stehen. Und Menschen mit Demenz haben die gleichen Bedürfnisse wie alle anderen. Sie brauchen Gesellschaft, Bewegung, Sicherheit, Respekt und Wertschätzung.

Zeit und Zuwendung für Menschen mit Demenz

Ein Verein, der sich in Bremerhaven in diesem Bereich engagiert, ist der SOLIDAR e.V. – seit 2005 in enger Kooperation mit der Pflegeeinrichtung „Haus im Park“. Hier sind zurzeit mehr als 20 Freiwillige aktiv, um Menschen mit Demenz Zeit und Zuwendung zu schenken. Außerdem bietet der Verein monatliche Beratungsgespräche für Angehörige im Seniorentreffpunkt „Wulsdorper Seniorenhus“ an.

Aufbruch in den Bürgerpark

Ein besonderes Veranstaltungsformat des Vereins ist „Aufbruch in den Bürgerpark“, das am 24. August 2024 erneut stattfinden wird. Dann entsteht ein öffentlicher Begegnungsort rund um das Thema Demenz – nicht nur für Betroffene, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger in Bremerhaven und umzu. Gemeinsam wird durch den Park flaniert. Kunst, Natur und Bewegung bringen Menschen zusammen und fördern den Austausch. Darüber hinaus sind über das Jahr themenbezogene Lesungen in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek und dem Sozialamt geplant. Der Verein freut sich über ehrenamtliche Unterstützung genauso wie über eine Fördermitgliedschaft. Ab fünf Euro monatlich kann bereits viel Gutes bewirkt werden.

» Das Gedächtnis lässt nach, aber die Gefühle bleiben «

INTERVIEW MIT URSULA MÖLLER-STRANSKY VOM SOLIDAR E .V.

Verläuft eine Demenzerkrankung immer nach demselben Schema?

Nein, es gibt über 100 Demenzformen, von denen die Alzheimer-Demenz bis zu circa 60 Prozent einnimmt. Der rote Faden für viele Alltagshandlungen verwischt, wird unterbrochen oder verschwindet ganz. Deshalb sieht der SOLIDAR e.V. seine Aufgabe darin, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu verbessern und ein Leben in Würde zu unterstützen.

Was sind die häufigsten Reaktionen, wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt?

Noch ist Demenz ein Tabuthema. Ehepartner und Kinder können nicht immer damit umgehen, wenn sich das betroffene Familienmitglied ganz anders verhält als früher. Aber meistens sind sie es, die damit täglich konfrontiert sind. So stellt die Betreuung für die Angehörigen oftmals eine schier unlösbare Herausforderung dar, die zu hohen Belastungen und persönlichen Einschränkungen führen kann.

Glauben Sie, dass ein Leben trotz Demenzerkrankung erfüllt und fröhlich sein kann?

Ein achtsamer, wertschätzender Umgang mit Demenzpatienten ist Grundvoraussetzung, damit ihr Leben auch im fortgeschrittenen Stadium noch erfüllt und auch unbeschwert sein kann. Das Gedächtnis lässt zwar bei Betroffenen nach, aber die Gefühle bleiben: Unsicherheit und Hilflosigkeit, aber auch Freude und Spaß – zum Beispiel beim Musikhören. Es ist nicht selten, dass Demenzbetroffene sogar mit mehr Leichtigkeit durchs Leben gehen können, was durchaus individuell unterschiedlich sein kann.

Was raten Sie Angehörigen als dringende Handlungsschritte?

Unsere monatliche Beratung hilft zunächst einmal, die Krankheit und den Menschen mit Demenz besser zu verstehen. Das ist ein erster Schritt. Außerdem bieten wir damit einen geschützten Rahmen an, bauen Unsicherheiten, Scham und Ängste ab und vermitteln das Gefühl: „Du bist nicht allein.“ Für praktische Vorkehrungen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Ansprüche auf Geld- und Sachleistungen weisen wir auf die Beratungsstellen, Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen und den Pflegestützpunkt hin.

Mehr Informationen unter solidar-fsd.de

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