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Altbausanierer Rolf Thörner vor dem Haus Goethestraße 60 in Lehe
Rolf Thörner vor seinem frisch sanierten Zuhause. ©kelling

Wo früher Tauben nisteten und Wasser durch die Decke kam, strahlen jetzt sieben großzügige Wohnungen und zwei Ladengeschäfte vor frisch saniertem Altbau-Charme. Das gut 120 Jahre alte Haus an der Goethestraße 60 stand kurz vor dem Abriss. Investor Rolf Thörner hat es mit viel Liebe zum Detail hergerichtet – und ist dort selbst eingezogen.

Haus sollte abgerissen werden

Historische Ansichten von Bremerhaven schmücken die Wände, von der stuckverzierten Decke hängt ein ausladender Kronleuchter. „Ich bin völliger Altbau-Freak“, erzählt Rolf Thörner beim Besuch in seiner Wohnung im ersten Stock der Goethestraße 60. Ohne seine Leidenschaft für geschichtsträchtige Gebäude wäre sein neues Zuhause wohl immer noch eine Ruine – oder bereits abgerissen. Mehr als ein Jahrzehnt war das Eckhaus an der Lutherstraße dem Verfall preisgegeben. Vor sieben Jahren kam es in die Zwangsversteigerung. Rolf Thörner erhielt den Zuschlag. Zu dieser Zeit war der gebürtige Osnabrücker gerade auf der Suche nach einer neuen Aufgabe. Er hatte zuvor schon Altbauten in seiner Heimatstadt und in Berlin saniert. Dann erfuhr er vom Bremerhavener Goethe-Quartier. Im Dreieck zwischen Pestalozzi-, Rickmers- und Hafenstraße stehen rund 500 Häuser aus der Zeit um 1900.

Rolf Thörner modernisiert und restauriert

Beim Rundgang durch das Viertel war er vom Eckhaus an der Goethestraße 60 gleich angetan – obwohl es zu diesem Zeitpunkt in einem schlimmen Zustand befand. „Mich interessieren nicht die Drei-Familien-Häuser in Toplage. Ich habe etwas gesucht, wo die Leute sagen: Die Sanierung ist nicht mehr möglich, das lohnt sich nicht.“ Der 67-Jährige bezeichnet den Umbau als „Liebhaber-Projekt“. Sein Ziel ist es, eigene Wünsche mit Energie-Einsparungen und dem Erhalt oder der Wiederherstellung des Original-Zustandes zusammenzubringen. In der Goethestraße 60 sind zum Beispiel die Wände, Türen und Fenster sowie 85 Prozent des Dachstuhls erhalten geblieben und aufgearbeitet worden. Dafür ließ Rolf Thörner aber alle Decken durch neue aus Leichtbeton mit deutlich besserer Wärme- und Schallisolierung ersetzen.

Das von Rolf Thörner sanierte Haus Goethestraße 60 im Goethe-Quartier, Lehe
Das Haus Goethestraße 60 strahlt nach der Sanierung in neuem Glanz. ©kelling

Stuck trifft auf Hightech

In anderen Bereichen hat der gelernte Kaufmann einen möglichst historischen Zustand wieder hergestellt. Den bei einer früheren Sanierung abgeschlagenen Stuck in den Innenräumen und an Teilen der Fassade brachten spezialisierte Handwerker neu auf. Ganz modern ist hingegen das Heiz-System: In allen Decken sind Kapillar-Rohrmatten verbaut. Durch diese Schläuche kann nach Bedarf entweder warmes oder kühles Wasser laufen – Heizung und Klima-Anlage in einem.

Rolf Thörner zieht selbst ein

Rolf Thörner ist mit seiner Lebensgefährtin schon vor anderthalb Jahren eingezogen. Unter und über seiner Wohnung laufen die Arbeiten noch. „Mir macht es nichts aus, auf einer Baustelle zu wohnen. Ich ziehe immer dorthin, wo ich gerade saniere“, erklärt er. Für die fünf weiteren Wohnungen sind bereits Mieter gefunden. Sie können im Februar 2024 einziehen. Es sollen allerdings keine Luxus-Appartements sein, wie der Eigentümer betont. Mit 7,50 Euro Miete pro Quadratmeter liegt die Miete im Bremerhavener Durchschnitt.

Neues Leben für das Goethe-Quartier

Denn Rolf Thörner will mit seiner Arbeit das Goethe-Viertel langfristig aufwerten, die Bremerhavener wieder dorthin locken. Indem er neue Mieter in das Quartier bringt und attraktive Anlaufstellen schafft. In die beiden Geschäfte im Erdgeschoss sollen nach seinem Wunsch ein Restaurant mit erschwinglichen Preisen und ein Laden mit ausschließlich regionalem Obst und Gemüse kommen. Den gleichen Ansatz verfolgte der Altbau-Fan auch schon bei der Sanierung der benachbarten Häuser an der Goethestraße 50 a und der Uhlandstraße 16. „Ich persönlich finde es hier wunderbar. Ich werde hier nicht mehr wegziehen“, sagt Rolf Thörner zum Goethe-Quartier. Die Sanierung seines neuen Zuhauses soll seine letzte Arbeit in Eigenregie sein. Der 67-Jährige will sich in Lehe aber weiterhin als Projektleiter einbringen, zum Beispiel für Wohnungs-Gesellschaften. „Es gibt hier noch genug Häuser zu sanieren.“

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