Vor über dreißig Jahren fing Alfred Prey als Pressesprecher bei den Fischtown Pinguins an. Zwar hatte der Oberpfälzer immer vor, wieder zurück nach Bayern zu gehen. Doch für den Team-Manager gehört Bremerhaven zu den schönsten Städten Deutschlands. Im Exklusiv-Interview erzählt der mittlerweile 69-Jährige der MOIN Bremerhaven-Redaktion von seiner Liebe zur Seestadt und warum die Fischtown Pinguins kein gewöhnlicher Eishockey-Verein sind.
Herr Prey, was bedeutet Ihnen Bremerhaven?
Für mich ist Bremerhaven Heimat geworden. Der originäre Norddeutsche hat oft den Hang zum Pessimismus und weiß manchmal nicht zu schätzen, was er hat. Dabei kommen jedes Jahr Tausende Menschen zu uns, um hier Urlaub zu machen. Wenn man betrachtet, wie sich Bremerhaven in den letzten dreißig bis vierzig Jahren verändert hat, was aus dieser Stadt geworden ist, dann muss da eigentlich jeder Bremerhavener stolz drauf sein. Und ich hab noch keinen Spieler kennengelernt, der gesagt hat, dass Bremerhaven keine schöne Stadt ist oder er sich hier nicht wohlgefühlt hat.
Was zählt mehr für Sie bei einem Spieler? Das Talent oder das Zwischenmenschliche?
Erstmal schauen wir, ob der Spieler charakterlich zu uns passt. Die Fischtown Pinguins leben vom Charakter und vom Zusammengehörigkeitsgefühl. Natürlich würden wir nie einen Spieler verpflichten, der nicht ligentauglich ist. Aber das weiß man ja vorher. Ich sage potentiellen neuen Spielern immer: „Bremerhaven is a blue collar city“, also eine Arbeiter-Stadt. Die Leute, die mit einem Blaumann auf der Werft stehen, die wollen keine Spökenkieker sehen, die arrogant übers Eis laufen. Ein Spieler definiert sich hier durch harte Arbeit. Wenn der sich sechzig Minuten den Hintern aufgerissen hat, dann pfeift den niemand aus. Für diese Fans muss ich alles geben. Wir haben Spieler, die gehen mit gebrochenem Zeh aufs Eis. Das ist für die eine Selbstverständlichkeit. Weil die sich mit dem Verein identifizieren.
Was mögen Sie so an Ihrer Tätigkeit als Teammanager?
Hier ist internationales Flair. Ich arbeite mit jungen Nordamerikanern, Osteuropäern, Tschechen, Dänen, Norwegern … wo hat man das sonst? Und ich mag den engen Kontakt zu den Fans. Wann immer ich auch auf der Geschäftsstelle die Möglichkeit habe, versuche ich immer mit einem kleinen „Rees an Backbord“ mit unseren Fans in Kontakt zu bleiben. Man spielt ja für die Leute. Die sollen Spaß am Hockey haben und wir brauchen jeden Einzelnen. Wir haben auch schon Tiefschläge hinnehmen müssen, aber die Fans stehen immer wie eine Mauer hinter den Pinguins. Man darf für etwas arbeiten, das in der Öffentlichkeit eine sehr hohe Akzeptanz hat. Eigentlich muss ich dafür jeden Tag dankbar sein, dass ich das machen darf.
Hand aufs Herz: Ärgert es sie insgeheim, dass ihr Verein häufig „nur“ als Karrieresprungbrett gilt?
Man muss das differenziert betrachten und sich selbst fragen: Wo gehöre ich eigentlich hin? Es wäre einfach vermessen, wenn wir uns in eine Linie mit Berlin, München, Mannheim oder Düsseldorf stellen würden. „Springboard Bremerhaven“ und „Last Exit Bremerhaven“ sind Bestandteile unserer Vereinspolitik. Wir versuchen meist Spieler zu akquirieren, die noch keine große Karriere gemacht haben. Das hat zwei Gründe: Erstens sind die billiger. Zweitens sind das Spieler, die fokussiert sind und was werden wollen. Oder wir suchen Spieler, die relativ am Ende ihrer Karriere stehen, aber sich nochmal beweisen wollen und Gas geben. Aber Sie haben natürlich recht: Wenn Sie einen guten Spieler verlieren, dann blutet Ihnen immer das Herz. Man mag die ja auch.
Was macht die Fischtown Pinguins so attraktiv für Spieler?
Wir haben einen kleinen Kader mit etwa 25 Spielern. Große Vereine haben um die 35 Spieler. Wenn also ein neuer Spieler zu uns kommt, dann weiß er, dass er spielt. In München beispielsweise ist die Konkurrenz in der Kabine viel größer als in Bremerhaven. Als Spieler muss ich wissen, was besser für mich ist: dass ich spiele und mich zeige oder ich guck nur auf den schnöden Mammon. Wir haben auch viele Spieler, die sind schon sieben Jahre hier. Das gibt es nicht oft in der Liga.
Wie halten Sie solche Spieler?
Wichtig ist, das Familiäre herauszubilden. Bei einem großen Verein verdient man vielleicht mehr Geld, aber es ist alles sehr viel organisierter und distanzierter. Bei uns gibt es ein „Hosentaschen-Management“, ein bisschen liebenswürdiger. Wir haben keine Guideline für jedes Problem. Wir improvisieren viel und wir machen es mit Herz. Ich bin dabei nur ein ganz kleiner Teil des Ganzen. Wenn man das Familiäre lebt als Verein, dann hat man den Spieler auch für sich gewonnen.
Verraten Sie uns Ihren persönlichen Lieblingsplatz in Bremerhaven?
Der Parkplatz an der Doppelschleuse. Manchmal fahr ich auf den Parkplatz und schau aufs Wasser und in die Peripherie. Ich schau auf die Geeste, auf den Fähranleger, du siehst das Columbus-Center, die Havenwelten, die ganzen Kräne … Eigentlich hat man Bremerhaven im Miniformat auf einen Blick vor sich. Ich fahr da manchmal auch nur zum Nachdenken hin.
Lieber Herr Prey, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.