Eine mobile App, die Frauen über häusliche Gewalt aufklärt, Betroffene vernetzt, Beratungsstellen auflistet und sich mit dem Notruf verbindet: Diese Geschäftsidee haben vier 17-Jährige im Politikunterricht der 11. Klasse an der Oberstufe des Carl von Ossietzky Schulzentrums entwickelt. Beim Wettbewerb JUGEND GRÜNDET gelangte das Bremerhavener Team „Justice4Her“ bis ins bundesweite Halbfinale, das am 27. März von McKinsey in Berlin ausgerichtet wurde. Die MOIN-Redaktion hat mit Rahaf Ahsoun, Lara Yunuz, Stella Matockinund Lilly Meyer sowie ihrem Politiklehrer, dem Referendar Maximilian von Holten, gesprochen.
Gewalt an Frauen: Wie eine App helfen kann
Frauen, die körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt sind, wissen oft nicht, wie und wo sie Hilfe bekommen. Eine Applikation könnte dieses Problem lösen, finden Lilly, Rahaf, Stella und Lara. Die vier Oberstufenschülerinnen haben in Zusammenarbeit mit der Initiative „Bremen sagt Nein!“ einen Businessplan erstellt, der ein entsprechendes Konzept vorlegt: eine mobile App, die Fotos macht, Daten speichert und Fakten protokolliert. Per Notfallknopf soll rund um die Uhr Kontakt zur Notrufzentrale möglich sein. Fachgerechte Inhalte informieren unter anderem darüber, wo Gewalt anfängt. Und jede Form von Inhalt muss in mehreren Sprachen verfügbar sein, denn „jede Frau hat dasselbe Recht auf Hilfe“, betont Lara im Gespräch.
Die Zielgruppe erreichen, wenn der Täter alles überwacht
Zudem soll ein anonymer Gruppenchat den Austausch von Betroffenen ermöglichen – soziale Isolation ist nämlich eines der Instrumente, die gewalttätige Partner benutzen, um Macht auszuüben. Ein anderes Mittel ist die ständige Kontrolle der Partnerin, die auch vor ihrem Smartphone nicht Halt macht. Deshalb sind laut „Justice4Her“ Vorsichtsmaßnahmen angebracht: Die App muss anonym sein, damit sie nicht getrackt werden kann und auf dem Mobiltelefon visuell getarnt erscheinen. Besonders von dieser Idee zeigte sich die Jury des Wettbewerbs JUGEND GRÜNDET beeindruckt. Das gemeinsame Fazit der Juroren lautete: „Respekt, dass ihr euch diesem wichtigen gesellschaftlichen Problem zuwendet und betroffenen Frauen eine Stimme geben wollt. (…) Macht auf jeden Fall weiter!“
Bremerhavener Schüler auf dem Weg nach ganz oben
Beworben hatten sich 1.177 Schülerteams aus dem In- und – vereinzelt – sogar aus dem Ausland. Beim JUGEND GRÜNDET „Pitch Event“, dem Halbfinale des Bundeswettbewerbs, musste das Team seine Geschäftsidee in drei Minuten präsentieren und drei weitere Minuten lang Nachfragen beantworten. Bereits im März hatten drei Schüler aus der Robotik-AG des Carl von Ossietzky Schulzentrums beim Regionalwettbewerb von JUGEND FORSCHT gesiegt. Für Maximilian von Holten liegen diese Ergebnisse auch daran, dass die Schulleitung den Lehrkräften viel Freiraum bietet, wovon langfristig die Schüler profitieren. „Das Land Bremen gilt häufig als Bildungs-Schlusslicht der Bundesrepublik“, erläutert er. „Mit diesem Projekt konnten wir den Jugendlichen zeigen, dass sie sich vor niemandem verstecken müssen. Wir haben gute Schüler – das ist letztlich der Grund für unseren Erfolg!“
„Justice4Her“ will sich auf alle Fälle wieder bei JUGEND GRÜNDET bewerben. „Viele der anderen Teams in Berlin waren nicht zum ersten Mal beim Wettbewerb“, erinnert sich Rahaf. „Wir haben das Ziel, mehr Erfahrungen zu sammeln und finanzielle Mittel für die Programmierung unserer App zu erhalten!“
Internationales Handzeichen bei häuslicher Gewalt und anderen Gefahrensituationen
- Handfläche zum Gegenüber zeigen
- Daumen in die Handinnenfläche klappen
- Mit den restlichen Fingern den Daumen einschließen
Wenn du dieses Handzeichen siehst:
- Merke dir so viele Details wie möglich: Wie sieht die Person aus, in welche Richtung geht sie? Wer begleitet sie?
- Alarmiere so schnell wie möglich die Polizei und schildere deine Beobachtungen.
Weitere Informationen und Hilfsangebote
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (24 Std., mehrsprachig) 08000 116 016 und www.hilfetelefon.de
Gisbu mbH
Frauenberatungsstelle, Hilfe bei häuslicher Gewalt, Wohnungslosenhilfe für Frauen, Unterstützung für den Lebensunterhalt & Aufnahme in ein Frauenhaus
Tel.: 0471 83001, ab 16 Uhr & am Wochenende: 0152 54 60 03 53
diakonie-bhv.de/frauenhaus.html
WEISSER RING e. V.
Durchsetzung des Gewaltschutzgesetzes,
Begleitung zu Polizei-, Gerichts- und Behördenterminen, finanzielle Unterstützung
https://weisser-ring.de/haeuslichegewalt & https://www.schweigenmachtschutzlos.de
Spendenkonto für Opfer von Straftaten: https://spenden.weisser-ring.de
Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte
Rechtsmedizinische Sicherung der Spuren von Gewalttaten (mit oder ohne polizeiliche Anzeige)
Telefonische Sprechzeiten: Mo – Fr 8.30 – 15.00 Uhr unter (0421) 497 73920
Untersuchungszeiten: Mo, Mi & Fr 8.30 – 12.30 Uhr, Di & Do 12.30 – 16.00 Uhr
Adresse: St. Jürgen-Straße 1, 28205 Bremen
Initiative „Bremen sagt Nein!“
www.bremen-sagt-nein.de