Lehe ist ein lebendiger Stadtteil mit zahlreichen Facetten und einer spannenden Historie. Das zeigt der gerade erschienene vierte Band der Reihe „Leher Geschichten“. Ehrenamtliche Autoren haben abwechslungsreiche Beiträge zusammengetragen – von den Anfängen der Hip-Hop-Kultur in Bremerhaven über Uwe Seeler auf dem Zolli bis zu Kindheitserinnerungen aus der Goethe-Straße.
„Geschichte von unten“ nennt Herausgeber Burkhard Hergesell das Konzept. Menschen mit einer Verbindung zum Stadtteil erzählen Erlebtes aus ihrer Perspektive. So wird die Vergangenheit lebendig. Dabei befassen sich viele Beiträge auch mit aktuellen Themen. „Geschichte ist ja bereits das, was sich gestern ereignet hat“, verdeutlicht Burkhard Hergesell. So berichten zum Beispiel drei junge im Ausland geborene Menschen von ihrer Migrationsgeschichte und ihrem Leben in Lehe. Eine Bilderstrecke dokumentiert Graffiti-Kunst im Stadtteil. Und ein Artikel widmet sich dem Pinguins-Fanclub „Fischtown Feuer & Eis“. Doch auch der Bereich von 1900 bis in die Nachkriegszeit ist mit diversen Beiträgen bedacht worden.
Zahlreiche historische Fotos
Dazu gehört zum Beispiel die filmreife Geschichte des späteren Leher Taxiunternehmers Anton Heyer, den die Gestapo zum Spion im Vatikan machen wollte. Aber auch Erinnerungen an Gaststätten und Geschäfte im Stadtteil sowie mehrere Firmengeschichten ermöglichen den Blick in vergangene Jahrzehnte. Zahlreiche historische Fotos in schwarz-weiß und Farbe vermitteln zusätzliche Eindrücke.
Jeder kann seine Leher Geschichten teilen
Das Besondere: „Bei uns kann jeder mitmachen und mitschreiben“, so Ralf Behrens von der Geschichtswerkstatt Lehe. Seit 17 Jahren kommt die Gruppe regelmäßig zusammen, um neue Bücher, Ausstellungen oder Projekte im Stadtteil zu planen. 25 Autorinnen und Autoren haben zum aktuellen Band der „Leher Geschichten“ beigetragen. Das Buch gibt es in allen inhabergeführten Buchhandlungen in Bremerhaven für 14,90 Euro.
Leher Geschichten, Band 4: Blick ins Buch
Der Zolli – kleine Geschichte in Tinte; von Gunnar Krone
„Mit der Straßenbahnlinie bis zur Haltestelle „Leher Tor“, dann zu Fuß die Kistnerstraße entlang, am großen Eingangstor des Zollinlandplatzes eine Eintrittskarte sowie für ein paar Groschen Lipphardt’s Sport-Programm gekauft und schon erlebte ich von da an mit Ingo Porges, Harry Wunstorf, Willi Gerdau, Werner Erb, Klaus Hänel, mit den glanzvollen Assen der Ligamannschaft des Hamburger SV sowie mit den vielen weiteren Spielern der norddeutschen Kicker-Elite erstklassigen Fußball vom Feinsten. (…)
Wenn ich heute an meine damaligen Besuche auf dem „Zolli“ zurückdenke, fällt mir auf, dass sich einige, bisweilen sogar eher beiläufige Bilder und Eindrücke tiefer in meine Erinnerung eingeprägt haben als andere. So ist mir etwa der über den Spielverlauf sichtlich verärgerte und daher lauthals auf dem Spielfeld schimpfende Uwe Seeler anschaulich in Erinnerung geblieben. Auch der mitten im tiefsten Winter auf der HSV-Betreuerbank sitzende, sich mittels eines kleinen „Flachmanns“ aufwärmende Jupp Posipal ist mir noch gegenwärtig. Bildhaft im Gedächtnis geblieben ist mir ebenfalls das Zusammenspiel von Werner Torner & Co. im seinerzeit gefürchteten „magischen Viereck“ der Bremerhavener. Und schließlich sehe ich noch heute den Radioreporter, vermutlich Helmuth Poppen von Radio Bremen, der gestikulierend hinter einem Standmikrofon auf dem Dach der Tribüne des „Zolli“ steht und mit lebhafter Stimme für die sonntägliche ARD-Konferenzschaltung vom Heimspiel der Bremerhavener berichtet. (…)“