Gib einem Mann einen Fisch, und du ernährst ihn einen Tag. Gib ihm eine Angel und du beschäftigst ihn ein ganzes Leben. In und um Bremerhaven beschäftigen sich heute immer mehr Menschen mit dem Angelsport. Man kann da wirklich von einer Wiedergeburt sprechen.
Vom Natur-Abenteuer für echte Jungs in den 1960ern und 70ern wurde das Angeln in den 90ern zum „ruhigen Hobby für ältere Herren“. Anglern haftete das Klischee von Eigenbrötlern an, die Ruhe vor der Frau oder der Familie suchten. Um die Jahrtausendwende klagten die Angelsportvereine über Nachwuchsmangel und waren hoffnungslos überaltert. Viele Vereine lösten sich auf, andere begegneten dem Mitgliederschwund durch Zusammenschlüsse. In Bremerhaven etwa schlossen sich der ASV Unterweser und der ASV Wesermünde zusammen. Vielerorts wurde damals schon von einem aussterbenden Hobby gesprochen.
Das Internet bringt die Angler zurück
Doch Angeln ist wieder voll im Trend. Influencer in den Sozialen Medien und Reportagen im Fernsehen haben vor allem jüngere Fans an die Rute gebracht. Das ist deshalb kurios, weil früher von älteren Anglern oft beklagt wurde, „dass die Jugendlichen ja lieber fernsehen oder am PC sitzen.“ So zählt der ASV Unterweser heute rund 1200 Mitglieder. Ein paar Kilometer weiter, beim ASV Spaden, sind noch einmal mehr als 300 Angler aktiv.
„Wir haben einen starken Zuspruch“, freut sich Werner Frank, Vorsitzender des ASV Unterweser. „Das hat bestimmt auch mit der Verbreitung durch z.B. Facebook und YouTube zu tun. Auch der Bekanntheitsgrad durch unsere Veranstaltungen hilft uns, etwa unsere Benefizangeln oder Ferienpass-Aktionen. Und auch Frauen bekommen langsam Interesse am Angeln“
Auch Mathias Klukas, 2. Vorsitzender beim ASV Spaden, freut sich über das wachsende Interesse. „Gerade junge Familien und Jugendliche finden immer wieder den Weg zu uns“, sagt er. „Da macht sich unsere aktive Jugendarbeit bezahlt.“ Auch die Zuwanderung hat in den letzten Jahren neue Mitglieder in die Vereine gebracht, vor allem aus Osteuropa, wo das Fischen noch eine starke Tradition hat.
Ruhe in der Natur
Was zieht die neuen Mitglieder zum Angeln? Wahrscheinlich ist es die Verbindung aus Entspannung und Action. Auf der einen Seite der Instinkt des Jägers, auf der anderen die fast meditative Ruhe am Fluss oder See. Wenn ein Fisch beißt, muss alles schnell gehen. Bis dahin genießt man den Blick aufs Gewässer und die Stille. „Es gibt nichts Schöneres, als bei Sonnenuntergang am Wasser zu sitzen und zu sehen, wie sich das Licht auf der Oberfläche spiegelt“, sagt Mathias Klukas. „Für viele ist das der ideale Ausgleich zum stressigen Alltag. Man kann viel bewusster die Natur wahrnehmen.“ Auch für Werner Frank ist die Ruhe am Wasser ein wichtiger Faktor. „Man kann die Faszination gar nicht erklären“, sagt er. „Dazu muss man einfach mal morgens oder abends am Gewässer sitzen.“

Aus dem Wasser auf den Teller
Zum sportlichen Ehrgeiz kommt natürlich auch der traditionelle Zweck des Angelns. „Fisch ist ein gesundes und hochwertiges Nahrungsmittel“, betont Mathias Klukas. Und hat man das selbst aus der Geeste, der Lune oder einem der vielen Seen in und um Bremerhaven geholt, schmeckt es gleich nochmal viel besser, als wenn man die Kühltheke im Supermarkt bejagt. Dank vereinseigener Räucheröfen können die Angler auch gleich konservieren, was nicht unverzüglich in die Pfanne oder auf den Grill kommt.
Fair bleiben zu Fisch und Natur
Um den Fisch zu essen, muss man ihn naturgemäß erst in die ewigen Jagdgründe befördern. Tier- und Naturschutz sind auch im Angelverein ein wichtiges Thema. „Wir tun selbst ja auch viel für den Schutz der Fischbestände“, betont Mathias Klukas. „Das fängt bei der Ausweisung von Laichgebieten und Schutzzonen an und geht über den Besatz mit Jungfischen bis zum Anlegen von Blühwiesen, um Insektenpopulationen zu fördern. Denn Insekten sind für viele Fische eine wichtige Nahrungsquelle.“ Der Fischbesatz ist ein wichtiger Faktor für die Nachhaltigkeit des Angelsports. Entsprechend ihrer Fangergebnisse (Angler geben dafür in ihrem Verein regelmäßig Fangmeldungen ab) setzen die Vereine gezielt Jungfische in die entsprechenden Gewässer ein. „Wir besetzen nur heimische Fische“, betont Werner Frank. „Also keine Regenbogenforellen, Welse oder invasive Arten.“

Jetzt will ich auch! Was muss ich machen?
Zum Angeln brauchst du in jedem Fall einen Angelschein. Dafür musst du einen Kurs besuchen, der je nach Anbieter zwei bis vier Tage dauern kann und an dessen Ende du die Fischereiprüfung ablegst. Den Angelschein beantragst du anschließend im Bürger- und Ordnungsamt. Mit dem Angelschein kannst du Mitglied in einem der Angelvereine in deiner Nähe werden. Dort kannst du dich auch vorher hinwenden, wenn du mehr wissen willst. „Wir beantworten alle Fragen“, versichert Werner Frank. “Wer interessiert ist, kann auch mal zum Schnuppern kommen und ein Mitglied beim Angeln begleiten.“
Eine Grundausstattung für Einsteiger mit Angelrute, Rolle, Schnur, Haken, Köder und weiterem Zubehör kannst du mit rund 200 Euro kalkulieren. „Das Angebot an Ausrüstung ist sehr vielfältig“, sagt Werner Frank. „Am besten ist es, sich in einem Angelfachgeschäft oder Raiffeisenmarkt ausführlich beraten zu lassen.“